Namesys aufgelöst
Vor über einem Jahr kündigte Hans Reiser den Verkauf seiner Softwarefirma Namesys an, um aus den Einnahmen die Anwaltskosten des gegen ihn laufenden Mordprozesses bezahlen zu können. Mittlerweile ist die Firma aufgelöst, die Webseite nicht mehr erreichbar, die Entwicklungsarbeit soll durch die Community fortgeführt werden.
Der Fall des Hans Reiser war tief. Während ReiserFS in Version 3.6 seit Kernel 2.4.18 Teil des Standard-Kernels ist, stieß der von Namesys kommerziell entwickelte Nachfolger Reiser4 auf starken Widerstand – zu neu das Konzept, zu groß die Differenzen zwischen Hans Reiser und den angestammten Kernel-Entwicklern, zu wenig Einsicht auf Seiten des Unternehmens Namesys. Auch als zwischendurch immer wieder Kritikpunkte beseitigt wurden und Andrew Morton zweitweise gar Hoffnungen auf eine Aufnahme in den Vanilla Kernel machte, fand sich schlicht und einfach niemand der den Code kontrollieren wollte. Christoph Hellwig brach das laufende Review ab, die Fronten verhärteten sich vor allem wegen der bemängelten Code-Qualität und des Plugin-Konzepts.
Obwohl Reiser4 von der DARPA gesponsert wurde und angeblich kommerzielles Interesse daran bestand, fand es sich in den meisten Distributionen nicht wieder und musste von Hand gegen die Kernel-Quellen gepatcht werden. Auch wurde Reiser4 primär nur für x86/x86_64 entwickelt, Ports für andere Plattformen liefen instabil oder mit weit schlechterer Performance. Im Laufe der Zeit gingen die Distributoren dazu über, das ältere ReiserFS 3.6 gegen ext3 einzutauschen. SuSe änderte sogar nachträglich die Default-Optionen des Installers wieder entsprechend ab. Als Hans Reiser schließlich Ende 2006 unter Mordverdacht geriet und in Untersuchungshaft wanderte, war der Schlamassel perfekt. Das Reiser4-Lager verstummte, Änderungen am Code wurden kaum noch vorgenommen.
Ob Reiser4 überhaupt weiter existieren kann oder sogar jemals eine Chance auf Integration in die offiziellen Kernel-Quellen hat, ist derzeit äußerst fraglich – das aktuelle Entwicklungsteam ist scheinbar nicht ein Mal in der Lage, die Projektwebseite online zu halten.